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Haben Sie sich jemals gefragt, was passiert, nachdem die Seele den Körper verlassen hat? Reist sie weiter in eine andere Welt? Oder verweilt sie in dieser Welt, unfähig, weiterzugehen? Im Buddhismus wie auch in vielen anderen Kulturen ist die spirituelle Welt – oft als Jenseits bezeichnet – nicht unbedingt ein dunkler oder furchterregender Ort. Vielmehr kann es als eine andere Ebene des spirituellen Bewusstseins verstanden werden, auf der Seelen, die noch keine Befreiung erlangt haben, durch unvollendete Bindungen und Wünsche aus ihrem irdischen Leben gefesselt bleiben. Ein gläubiger Buddhist berichtete von einer erstaunlichen Erfahrung: Er nahm an zahlreichen Gebetszeremonien auf alten Friedhöfen teil, um solchen wandernden Seelen zu helfen, Frieden und Transzendenz zu finden. Ich habe einen Bekannten, den den ich oft meinen Lehrer nenne – er ist kein Mönch, kein Zauberer und auch kein Geisterjäger. Er ist einfach ein Mensch, der viele Erfahrungen gemacht hat, der viele geliebte Menschen verloren hat und der sich seit Jahrzehnten mit der unsichtbaren Welt beschäftigt – nicht aus Aberglauben, sondern durch sorgfältige Beobachtung und Kontemplation. Eines Tages besuchte ich meinen Lehrer und fragte ihn: „Glaubst du an Geister?“ Er lächelte und sagte: „Ich muss weder glauben noch nicht glauben, ich muss nur beobachten und verstehen.“ Ich fragte weiter: „Wie können wir dann wissen, ob die andere Welt wirklich existiert?“ Er hielt einen Moment inne und antwortete: „Wenn du es wirklich wissen willst, musst du hingehen und es selbst erleben. Verlasse dich nicht auf das, was andere dir erzählen. Lass dich nicht von Filmen leiten. Lass deine eigenen Augen und eigenes Herz die Antwort finden.“ Dieser gläubige Buddhist hegte immer noch einen leisen Zweifel: Könnte es wirklich eine andere Welt geben, eine Welt, die man mit unseren fünf Sinnen nicht sehen, hören oder berühren kann? Warum bleiben manche Seelen hier, in dieser materiellen Welt, auch wenn ihre Zeit unter den Lebenden längst vorbei ist? Diese Geister können nicht weiter- ziehen. Nicht, weil sie jemanden heim- suchen oder Schaden anrichten wollen. Sie wissen einfach nicht, wohin sie gehen sollen. Einige sind von Reue belastet. Andere halten an Groll fest, den sie nicht loslassen können. Einige sind verloren in ihrer Trauer über den Abschied von ihren Lieben. Und einige sind einfach vergessen worden. So bleiben sie zurück, wandern in der unsichtbaren Welt umher und suchen nach etwas, das selbst sie nicht ganz verstehen. Um diese wandernden Seelen gibt es unzählige unerzählte Geschichten – Geschichten von Sehnsucht, Trauer und stillem Warten. Jeder Geist hat seinen eigenen Grund, zurückzubleiben. Hören wir uns eine dieser Geschichten an. Mein Lehrer erzählte mir, dass ihm einmal während einer Gedenkfeier der Geist einer Frau begegnete, die vor vielen Jahren verstorben war. Sie hegte keinen Zorn, trug keinen Groll und hatte niemandem etwas zuleide getan. Sie hatte einfach niemanden mehr, der sich an sie erinnerte. Sie hatte einst eine Familie, aber ihr Mann starb jung, die Kinder verließen nach und nach ihre Heimatstadt, und niemand zündete mehr Räucherstäbchen für sie an, niemand sprach mehr ihren Namen aus. Also blieb sie still, verlangte nichts und wartete einfach auf etwas. Als mein Lehrer die Zeremonie durchführte, weinte sie. Nicht mit Tränen wie die Lebenden, aber er konnte ihre Trauer spüren. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte sie das Gefühl, dass sich noch jemand an sie erinnerte. Nach der Zeremonie konnte sie endlich weiterziehen. Es ist kein Zufall, dass erleuchtete Meister der Vergangenheit heilige Lehren und Gebete für die Verstorbenen hinterlassen haben. Ein Gebet bringt nicht nur den Lebenden Frieden – es lässt auch ein sanftes Licht auf die Seelen der Verstorbenen scheinen. Jedes Gebet trägt die Energie der Liebe, des Trostes und der Erinnerung in sich und hilft wandernden Seelen, zu spüren, dass sie nicht vergessen sind, und führt sie dazu, ihre Trauer loszulassen und Frieden in der Transzendenz zu finden. Ein buddhistischer Mönch erzählte eine weitere Geschichte über eine Gebetszeremonie für Verstorbene. Seine Klostergruppe hatte sich mit dem Gelübde auf den Weg gemacht, einen Veteranenfriedhof zu besuchen und den gefallenen Helden, die vor langer Zeit ihr Leben für die Nation gegeben hatten, Dankgebete darzubringen. Die Gruppe von Mönchen betrat den Kriegsfriedhof, die letzte Ruhestätte Tausender Seelen, die für ihr Land gefallen waren. Sie brachten Weihrauch, Kerzen, weiße Chrysanthemen und Gebete, die aus der Tiefe ihrer Herzen kamen. Angeführt wurden sie von einem älteren Mönch, der ruhig wirkte, aber dessen Augen von innerem Licht strahlten. Dann sprach er mit tiefer, warmer Stimme: „Wir sind heute nicht nur hier, um zum Gedenken Weihrauch anzuzünden, sondern auch, um den Gefallenen unsere Dankbarkeit auszudrücken. Auch wenn ihr die irdische Welt verlassen habt, sind eure Seelen noch immer unter uns. Heute laden wir euch ein, hierher zurückzukehren, den Sutren zu lauschen und die Verdienste zu erhalten, die wir euch widmen.“ Als der heilige Klang der Glocke durch die Luft hallte und die Mönche ihre feierlichen Gesänge anstimmten, veränderte sich die Atmosphäre. Alle Mönche in der Gruppe konnten spüren, als käme eine sanfte Antwort von der anderen Seite zurück. „Wir brauchen kein Papiergeld und keine vergänglichen Dinge, die die Lebenden verbrennen. Wir hoffen nur, dass sich noch jemand an uns erinnert, dass noch jemand für uns betet und dass noch jemand Sutras rezitiert und uns Verdienste widmet, damit wir unsere Reise fortsetzen können und nicht länger in diesem Reich gefangen sind.“ Was verstorbene Seelen wirklich brauchen, ist Erinnerung und Dankbarkeit, durch aufrichtige Gebete für ihren Frieden. Manchmal gehen wir davon aus, dass eine Seele nach dem Tod sofort zur Wiedergeburt übergeht oder gemäß den Gesetzen des Universums in ein anderes Reich übergeht. Doch es gibt immer Seelen, die zurückbleiben, zurückgehalten durch unvollendete Absichten aus ihrem Leben oder einfach, weil niemand ihnen geholfen hat, ihre spirituelle Reise fortzusetzen. Jemand fragte den alten Mönch leise, mit vor Emotionen zitternder Stimme: „Meister, bedeutet das, dass sie noch hier sind? Nach all den Jahren sind sie noch nicht weitergezogen?“ Der alte Mönch nickte still. „Sie ziehen nicht weiter, weil noch Dinge unvollendet sind: unerfüllte Wünsche, gebrochene Gelübde, Herzen, die nicht loslassen können.“ Manche werden nach ihrem Tod von ihren Familien in Erinnerung behalten, beten für sie und widmen ihnen Verdienste für ihren Frieden. Andere jedoch sind völlig vergessen – wie diese gefallenen Helden. Was können wir für sie tun? Wie können wir ihnen helfen, Frieden zu finden, wenn ihre Reise noch nicht zu Ende ist? Einer aus der Gruppe zitterte, als er sprach: „Meister, was können wir tun, um ihnen zu helfen, weiterzuziehen?“ Der ältere Mönch blickte vor sich hin und sprach dann langsam: „Wir können sie nicht zwingen zu gehen, weil sie noch nicht bereit sind. Aber wir können ihnen helfen, Frieden zu finden, durch unsere Dankbarkeit, unsere Gebete und das Rezitieren von Sutras. Wir können ihnen nicht befehlen, loszulassen. Wir können ihnen helfen zu verstehen, dass wir sie nicht nie vergessen, auch wenn sie weiterziehen.“ In den Lehren vieler erleuchteter Meister ist ein Gebet nicht nur ein aufrichtiges Opfer an das Göttliche. Es ist ein Strom liebevoller Energie, der über die Grenzen zwischen der physischen Welt und dem spirituellen Reich hinausfließt. Die Höchste Meisterin Ching Hai (Veganerin) hat einmal über die Kraft des Gebets aufgeklärt: Betet für eure Verwandten oder Freunde, eure Eltern oder Großeltern, für alle, die ihr liebt, betet für sie. Das ist das Beste. Das ist das Beste für sie. Und auch wenn ihr sie manchmal bei euch zuhause erscheinen seht, sollt ihr ihnen Liebe zeigen und klare Erklärungen geben. Sagt ihnen, dass sie diese physische Welt bereits verlassen haben und es nicht gut für sie ist, weiterhin als Geist herumzulungern, weil sie ja mit niemandem sprechen können. [...] Sie können den ganzen Tag mit euch reden, aber ihr hört nichts. Manche schon, aber selten. Es ist sehr schlimm für sie. Sie sind traurig, einsam und frustriert und haben das Gefühl, dass ihr euch nicht um sie kümmert. Deshalb ist es am besten, ihr betet, wie es eurer Religion entspricht oder zu einem Heiligen, an den ihr glaubt. Oder betet zu Gott. Betet zu Jesus Christus. Betet zu den Buddhas, zu euren Lieblingsbuddhas, zu einem bestimmten Buddha oder vielen Buddhas. Das liegt bei euch – ganz wie ihr möchtet. Betet dafür, dass sie befreit werden. Das ist das Beste. Das ist das Beste. Ihr könnt manchmal ihr Grab besuchen, wenn es ein Grab gibt. Ihr könnt sie einäschern und die Asche einfach im Garten oder im Wald verstreuen oder in der Erde begraben, aber betet für sie. Lasst nicht zu, dass sie an euch ange- haftet sind, wenn sie diese Welt verlassen, denn der Himmel ist besser für sie. Viele Welten sind besser als diese Welt. Unsere tiefste Dankbarkeit gilt der mitfühlendsten Meisterin, die diese Lehren mit uns teilt und uns in der Praxis des von Herzen kommenden Gebets anleitet. Jede dieser Geschichten öffnet ein neues Fenster zum spirituellen Reich und erinnert uns an die tiefgreifende Kraft des Mitgefühls. Wenn wir aufrichtig für die Verstorbenen beten, widmet die Energie unserer Gebete nicht nur Verdienste, um ihnen zu helfen, Frieden und Befreiung zu finden, sondern verbreitet auch das Licht der Liebe und bringt dem Betenden Ruhe.











